Spionieren mich durch Smartphone aus?

Gegen 11:30 bekomme ich eine SMS. Mein Telefonanbieter fragt, ob meine Adresse noch gültig sei. Wenn nicht, sollte ich meine Adressangabe ändern. Auf diese SMS kann nicht geantwortet werden. Bei jeder Anmeldung gebe ich meine Meldeadresse an. Einmal war ich tatsächlich kurz obdachlos, ich möchte mich dazu aber nicht näher äussern, doch schreibe ich hier über jene Zeit.

Auch Obdachlose haben allerdings -meiner Meinung nach – ein Recht auf einen Telefonvertrag. Die Meldeadresse ist bei meinem Postfach hinterlegt. Alle Briefe werden automatisch dort hingeleitet. Die Rechnungen werden sogar per E-Mail zugestellt, und ein Dauerauftrag ist bereits eingerichtet, denn mehr als die Grundversorgung nutze ich nicht. Woher können die wissen, dass meine vorige Adresse nicht mehr stimmt? Wieso bekomme nur ich solch eine SMS. Denn es könnte ja auch eine generelle Überprüfung von Kundendaten sein. Aber durch die Aufforderung, ich solle mich einloggen und die Adresse ändern, ist der Fall für mich klar.

In 10 Minuten bin ich in der Stadt, beim Bahnhof liegt eine Niederlassung des Anbieters. Ich spreche Bekannte an und frage sie, ob sie auch schon eine solche Meldung bekommen hätten. Woher und weswegen soll nun ein Telefonanbieter wissen, wo ich wohne? Die SMS liest sich doch schräg, nach dem Motto: «Ach gib doch dein Postfach an». Datenschutz scheint dabei kein Thema zu sein. Der Telefonanbieter weiss genau, dass ich nun woanders wohne. Es sieht beinahe wie eine Kontrolle aus. Aber, «who cares?» Mich. Privatsphäre soll geschützt bleiben.

Ich betrete den Laden. Dort liegen ein paar Telefone auf, kaum Smartphon-Uhren; aber vorwiegend zigfach teurer Plastik als sein Einstandspreis, bzw. billiger China Schrott und einige Ledergehäuse. Mit den Ledergehäusen sieht jedes Smartphone wenigstens von hinten individuell aus. Die Verkäufer jung, schick gekleidet mit einer Spur Arroganz, so kommt es mir jedenfalls rüber.

Ich halte einem von ihnen mein Smartphone hin: «Bitte abfotografieren. Und bitte lassen Sie mich damit doch in Ruhe. Es muss niemanden interessieren, wo ich wohne.» Während es mir natürlich schon klar ist, dass die Mitarbeiter des Ladens eigentlich nichts dafür können, dass mich diese SMS erreichte. Dennoch bin ich verunsichert und fühle mich unwohl, denn es fühlt sich so an, als ob meine Privatsphäre nicht ausreicht: 20 Sekunden bin ich im Laden und dann wieder draussen. Vergessen? «Wie haben die den Zugang zu meinen Aufenthaltsorten?»

Mittags in der Kathedrale

Wie steht es eigentlich zur Zeit um das Verhältnis zur Kirche? Evangelische Kirchen besitzen meistens ein Ziffernblatt. Während Katholische Kirchen mit Glockengeläut an jede volle Stunde erinnern. Was Zeit bedeutet, wird in der Bibel kaum erläutert. Keine vorhersagende Schilderung eines zukünftigen Vorkommens von Zeitmessern in der Beschaffenheit von heutigen Uhren besteht im berühmtesten Buch; sowie ebenso von vielem anderen hinsichtlich bevorstehenden Zeiten nichts zu lesen ist.

Diesmal beabsichtigte ich, einen Bischof zu treffen. Eine günstige Zeit, um über meine Absicht zu informieren, hatte ich zuvor eingeplant, doch erreichte ich niemanden, um ein kurzfristiges Treffen zu arrangieren.
12 Uhr Mittags wollte ich neben der Kathedrale sein. Ich schaffte es, niemand war jedoch dort.

Es war regnerisch und kalt, kein trockener Platz abgesehen vom Innern der Kathedrale. So nahm ich drinnen mein Mittagessen ein, obwohl sich das eigentlich nicht ziemt. Gleich neben dem Beichtstuhl, doch der war leer. «Warum darf in Kirchen nicht gegessen werden? Kann mich geistige Nahrung wirklich satt machen?»

Ich möchte gern mit «der Kirche» diskutieren. Doch wird auch gern mal ausgewichen. Kirchgänger und Pfarrer zitieren aus der Bibel, wo sich doch der heutige Alltag oft ganz anders abwickelt, wo die heutige Sprache doch so ganz anders klingt. Sicherlich, es wird oft symbolisch gedeutet, manchmal aber auch zu wortwörtlich genommen, dies jedenfalls meine Ansicht. Geht die Kirche mit der Zeit? Und wenn «ja», zu schleppend mit ihr, und dies aufgrund ihrer Struktur, ihres Apparates, der Mitglieder, die verschiedener Meinung sind, der doch so vielen Erfahrungen einzelner Mitglieder? Schreitet die Zeit für sie zu schnell voran, auch aufgrund der weltweit rasanten Entwicklung?

Nach meinem Mahl meldete ich mich telefonisch. Meine Bitte zu einem Gespräch wurde leider abgelehnt, ich solle eine Beratungsstelle über das Internet suchen. Ich verstand, denn mein Anliegen bezog sich doch auf ein kurzfristiges Treffen. Doch kamen mir trotzdem weitere Gedanken dazu auf: «Wo ist heute die Kirche? Irgendwo im Internet, weg von den Menschen?»

Werden High Noon Anlässe geplant, so vergisst man dabei nicht ihre Höhepunkte, jeder Stress verfliegt dank ihnen. Uhren dienen der Einplanung solcher wunderbaren Höhepunkte, wir sollten doch bestimmen, wie wir unsere Zeit nutzen, und nicht umgekehrt, indem die Zeit uns bestimmt, damit uns eine äussere Uhr funktionieren lässt.

Paket pünktlich zugestellt

Ich lasse mir an die Schweizer Grenze Sachen an eine Servicestelle schicken, die Pakete in Empfang nimmt. Da kann schonmal was schief gehen, eine Sendung ging zurück, und genau das passierte «beim «zu Gunsten» des Trescher Verlags. Seitdem werden Reiseführer nur noch an “richtige” Adressen mit einer dafür extra verantwortlichen Person geschickt. Nun war ich auf einer Messe unterwegs und benötigte dafür Reiseführer. 

Zufällig hatte ein befreundeter Künstler eine Ausstellung in Konstanz und sich dort eine Wohnung gemietet. Somit verfügte ich über eine Adresse, damit die Bücher dahin gesendet werden konnten. Nur diese waren länger unterwegs als geplant, und die Messe stand bereits vor der Tür. Bevor ich nach Konstanz reiste, hatte ich um eine Überprüfung gebeten, und der Empfang wurde auf «vor 14 Uhr» zugesichert. Doch die Bücher fand ich nicht vor, als ich eintraf.

Auf der Post intervenierte ich gegen 15:30. Es zeigte sich, dass eigentlich niemand zuständig dafür war. Ich musste deshalb telefonieren und erhielt obendrein eine falsche Telefonnummer, war alles schon stressig und umständlich. Nun beharrte ich weiter auf die Zustellung: «Ich muss die Ausstellungsgüter noch heute auf die Messe bringen, den Zug gegen 17:30 nehmen, und bis 17:00 brauche ich das Paket, sonst war alles sinnlos.»

Schliesslich wurde festgestellt, dass das Paket im Fahrzeug liegen geblieben war. Eine erneute Zustellung sei aber ausnahmsweise möglich. Ich raste also 20 Minuten von der Post zur Wohnadresse meines Bekannten, und exakt zur Zeit wie ich dort ankam, fuhr das Paketauto vor. Der Fahrer war sichtlich erleichtert, mir das Paket zu übergeben. 

Frauen und die Zeit

Ein Date, ein Rendezvous mit einer Frau, lange herbeigesehnt, sorgfältig vorbereitet, gepflegt, geduscht, rasiert, parfümiert, schick gekleidet. Pünktlich am Treffpunkt, sogar die Mobilnummer ist bekannt, doch sie ist nicht da.

Wie lange sollte man warten? Wer zu bald anruft und drängelt, dem fehlt die Geduld, wer zu lange wartet, scheint nichts besseres zu tun zu haben, wer zu kurz wartet und geht, zeigt kaum – ja zu wenig Interesse. Was auch immer man für eine Lösung hierzu findet, wie auch immer man diese auch dreht und wendet, es scheint immer einen Haken dabei zu geben, immer alles verkehrt zu sein, was man auch tun oder lassen mag.

Sofern ein elektronischer Kontakt vorhanden war, «vielleicht kurz eine Meldung schreiben?» Mit; «bin schon da. Welchen Tisch wünschst du, am Fenster, im Eck?» Dabei ruhig seine Freude zum Ausdruck bringend?

Fehlt eine Kontaktmöglichkeit, so könnte eine nette Karte vorbereitet und hinterlegt werden; sich darauf entschuldigend, nicht warten zu können. Oder sollte man die Zeit einfach geniessen, die Gedanken vorbeiziehen lassen, träumen, sich auf einen Überraschungsmoment oder auf keinen solchen einlassen und sich in eine Zeit mit sich allein fallen lassen?

Trotz Unpünktlichkeit eines erwarteten Gegenübers generiert der Kopf vielleicht neue Sichtweisen und Ideen. Vielleicht existiert auch schon ein Buch, welches unbedingt ganz genau in solchen Wartezeiten gelesen werden möchte. Während eines Rendezvous mit vorteilhafter Ausgangslage sollte die Zeit zu zweit doch ebenso ausgiebig wahrgenommen werden.

Ob die schöne Unbekannte nun erscheint oder nicht, sich an deinen Tisch setzt oder nicht, so oder so sollte die Zeit doch freudig beseelt werden, jene Zeitspanne allein oder zu zweit auskostend, zelebrierend, dies sogar als bliebe die Zeit stehen.

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Tortellini – in 15 Minuten Mittagessen

Punkt 12 Uhr wird gegessen. So lernten es die Kinder, die Zeiten waren durchgetaktet, bewirkten deren heutige Präzision, eigentlich oft eine eingeimpfte Präzision.

Im Büro, wo ich bin, stehen eine Mikrowelle, eine Herdplatte, ein Kühlschrank, genügend Platz für Gewürzgurken, Silberzwiebeln, Oliven etc.. So lässt sich ein feines Mittagessen zaubern.

Um 11:35 mache ich mich auf den Weg, um Tortellini zu kaufen; der Supermarkt fünf Minuten entfernt, insgesamt 13 Minuten für meine Besorgung; drei Minuten an der Kasse, fünf Minuten Rückweg. Drei Minuten, um Wasser zu erhitzen und alle Beilagen auf dem Teller anzurichten, Tortellini drei Minuten aufkochen. Pünktlich um 12 Uhr, also genau 19 Minuten später kann gegessen werden.

Schreiten wir einmal zur Tat, merken wir, wie hervorragend wir planen können. In Restaurants wickelt sich das ähnlich ab wie oberhalb beschrieben und mag sogar noch etwas effizienter gelingen. In einem Restaurant hat man innert 20 Minuten samt Bestellungsübernahme gespeist. Eine halbe Stunde Mittag genügt wirklich.

Essen bedeutet ja auch Gaumenfreude, zu speisen dient der Erholung, zum Abschalten, Ausspannen und gemütlichen Smalltalk. Beachtet man dazu die innere Uhr, ist das von beachtlichem Vorteil, besonders hinsichtlich Tages- und Nachtzeiten. Hierzu via Link eine klare Übersicht darüber, wann und wozu jedes Organ bereit ist, auf Hochtouren zu arbeiten.

Überdies sind 35 Minuten deutlich zu wenig, ist eine Anfahrt zum Restaurant erforderlich. Möchte man im Anschluss gemütlich Kaffee trinken, beläuft sich solch ein Besuch sogar im Nu auf 90 Minuten. Ein solches Angebot, beziehungsweise eine länger andauernde Möglichkeit des Genusses beabsichtigen Restaurants immer weniger; «keine Tortellini mehr, nur noch Sandwiches und fertige Salate.» Das führt allerdings öfters zu gestressten, ausgebrannten Mitarbeitern.

Bewerbung bei Viktoria Jungfrau

Die Jungfrau Viktoria ist das wohlbekannteste Hotel in Interlaken. Ich möchte mich mit Franz treffen, soll erstmals in seine Wohnung kommen. Die Behörden machen ihm zu schaffen.

Im Zug reflektiere ich kurz darüber, wo wohl ein besserer Treffpunkt sein könnte. Gleich kommt mir das Hotel Jungfrau Viktoria in den Sinn. Zwischen Interlaken Ost und Interlaken West liegt es ziemlich mittig, mit 10 Minuten Fussweg vom Bahnhof aus.

Schicke ich ihm jetzt eine SMS, und er würde den nächsten Zug nehmen, könnten wir uns dort um 12:15 Uhr treffen. Doch wie helfe ich ihm? Er bezieht Sozialhilfe und bräuchte dringend eine Stelle. Er kann klar und überzeugend formulieren, ist freundlich und bestimmt noch mehr als das, aber durch seine Armut verunsichert.

Kann ich die Personalabteilung dazu bewegen, kurz mit ihm zu sprechen? Gerade jene, die mit Bewerbungen überschwemmt werden? Fast jeder möchte doch in einem solchen Hotel arbeiten, das dazu noch eine prima Referenz hergeben würde.

Das Einstellungspersonal ist im Haus, das habe ich vorher geprüft. Ich möchte es versuchen. Auf dem Weg von Interlaken West zum Hotel habe ich die Zeit wunderbar im Griff. Punkt 12 Uhr bin ich dort und versuche mit der Personalabteilung auch über meine Anliegen zu sprechen. Meine Ideen, ein Bienenhotel thematisch zu integrieren, oder dass jemand den Gästen vorliest, oder eben mit einem kleinen Job mit Franz, stossen auf keinerlei Interesse.

Ich begreife die Unzufriedenheit einfacher Leute durch elitäres Verhalten, also ist es wahrscheinlich kein Job für Franz. Auf der anderen Seite gehören immer zwei dazu; mit einem lockeren Lächeln auf den eigenen Lippen erfreut sich fast jedes Gegenüber, ob nun sogenannt «elitär» oder «einfach».

Ich sollte nächstes Mal auf meine innere Haltung achten, um durchwegs entspannt und lächelnd aufzutreten. Womöglich würde sich das Hotel mit noch mehr neuen Ideen und Angeboten auch überladen. An Gästen fehlt es der Jungfrau Viktoria ebenso nicht. Deshalb kann ich dieses Desinteresse auch irgendwie verstehen. Da würde am Ende auch kein Lächeln helfen, aber immerhin ein Gespräch aufwerten.

Franz ist energielos, die vielen Absagen machen ihm zu schaffen, als ich ihn vor dem Hotel treffe. Er möchte, dass ich etwas für ihn schreibe. Doch sollte er auch selbst etwas an seiner Situation ändern, was er nicht möchte. Er bleibt draussen stehen, als ich schliesslich im «Patek Philippe» eine kurze Diskussion über die Frage beginne, wie man mehr Amerikaner nach Interlaken heranziehen könnte. Überdies fehlt es ihm mittlerweile an Zeit, also geht`s zurück in seine Wohnung, um dort weiterhin Sanktionen zu ertragen.